Sehr häufig bin ich wichtig für andere Menschen. Es entsteht Freundschaft, die in ihrem eigentlichen und tieferen Sinne eine Begleitung ist.
Ich begleite einen Menschen während des Übergangs in eine für ihn wichtige und neue Phase des Lebens. Diese Phase ist nicht irgendeine kleine Veränderung der Lebensumstände, sondern meist ein echter und tiefgreifender Umbruch. Es ist der Beginn eines neuen Weges. Es haben sich Weichen gestellt und es sind Entscheidungen gefallen als Resultat innerer Prozesse, die sich im Außen darstellen möchten.
Dieser neue Weg bringt neue Menschen in das Leben der Freundin. Andere Inhalte offerieren sich
in Form von Kursen, Meditation, Ausbildung. Im Zuge dessen lockert sich unser Kontakt, und ich
bin nicht mehr so wichtig. Denn mein Hintergrund ist ein anderer und mit diesem Seinszustand
gehe ich nicht in Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, Meditation oder esoterischen Ausbildungen.
Indien - meine spirituelle Wiege 1996
Ich genieße seit 20 Jahren eine spirituelle Führung, unter deren Schirmherrschaft ich mich im eigenen sicheren Hafen befinde. Die Metapher des Ankommens im sicheren Hafen sah ich bildlich vor meinen Augen bei der ersten Begegnung mit meinem Meister. Sie ist bis heute gültig und wird es wohl immer sein.
Eine Begleitung, die sich nicht an Traditionen ausrichtet, keine Rituale bedient und kein Futter für den Verstand anbietet. Die Tiefe dessen zu begreifen und danach zu leben ist ein Prozess, der enorm viel aufdeckt: Paradigmen, Überzeugungen, Bindungen, Routinen – alles das, was ich nicht bin.
In völliger Wertfreiheit und Friedlichkeit differenzieren sich unsere Wege. Ich habe Verständnis dafür,
dass meine Ausrichtung nicht die des Anderen ist. Ein Missionar bin ich nicht. Ich bin vor vielen Jahren auch durch andere Phasen gegangen und habe andere Meinungen vertreten als heute. Auch wenn ich mich für meine Ausrichtung entschieden habe, hat sich die Begegnung mit meinem Meister jenseits
einer willensbezogenen Entscheidung ereignet. Es ist für mich nicht in Frage zu stellen. Wenn es für
die Freundin anders ist und sie noch vieles entdecken und lernen möchte, ist das völlig in Ordnung
und sicher für ihren Lebensweg so gewollt. Es braucht nichts hinzugefügt werden, weder bei ihr noch
bei mir, denn es ist bereits alles vorhanden.
Ich bin für den Übergang da. Ausgesucht habe ich es mir nicht, es ist und war immer so.
Wie geht es mir damit? Tatsächlich weiß ich schon mit Beginn einer neuen Freundschaft, einer neuen Begegnung um solch einen Verlauf. Oh, schon wieder solch eine Begegnung und ja, ich bin bereit, mich zur Verfügung zu stellen und mich in das neu entstehende Gefüge hineinzugeben. Ich bekomme gleichsam viel zurück. Mit jedem neuen Menschen werden andere Aspekte meines Seins angesprochen, die ich beobachten, erkennen und benennen kann. Ich erfahre auch die Liebe und Zuneigung, denn sie ist echt. Auch die Meine, die ich gebe, ist echt und bedingungslos. Das Setting ist stimmig, designed vom Universum.
Lange hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich diesen Menschen wieder leicht und ohne spektakuläre Emotionen loslassen kann. Es plagte mich die Befürchtung, dass ich gefühlsarm bin, nichts spüre, keine Bindung eingehen kann. Heute weiß ich, dass es eine Qualität ist, anhaftungslos und bedingungslos zu agieren und es so für mich vorgesehen ist.
In dem Moment, in dem der Mensch gefestigt und klarer fokussiert ist, lasse ich bereits los. Ich lasse es geschehen, ganz leicht und wie eine Feder entfaltet sich ein Raum des Auseinandergehens, des Auflösens. Ich brauche nichts weiter tun. Ich lasse ziehen, was ziehen möchte und bin bei mir.
Erleichtert. Klar. Mit neuem Freiraum.
Der Kontakt bleibt auf eine losere Art bestehen, meistens. Es ist ein universelles Meisterwerk, dem ich bewohnen darf. Im Anerkennen dessen bleibt mein Herz unbeschadet und in einer Bereitschaft, jede
neue Wendung zu erfassen und erneut zu begleiten.
Morgen wird das Heute bereits Vergangenheit sein.
Ich erkenne, dass es außer dem Hier und Jetzt nichts gibt
und dass dieses Hier und Jetzt deinen Namen, Gott, trägt.
Das reine Land ist hier und jetzt, deshalb ist es nicht möglich,
dass ich getrennt oder außerhalb von diesem reinen Land lebe.
Es ist in mir und strahlt durch mich durch.
Welch herrliche Gnade!
Aus: Mario Mantese, Gebete aus der Heiligen Quelle, Nr. 30
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