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Gartenarbeit - Seelenarbeit

Mit der Gartenarbeit habe ich lange gekämpft. Es war immer zu viel. Diese alten Gärten, in denen

es nur so wucherte und die ewig nicht gepflegt wurden. Sie waren voll von ineinander geschlungenen

Ästen und Gehölz, das so verworren war, dass es schier nicht mehr zu einem Baum oder Strauch zuzuordnen war. Es hat Charme, diese Natur, die sich in alle Richtungen hin ausdehnt, dabei nicht um Erlaubnis fragt und ihren eigenen Gesetzen folgt. Schwierig wird es, wenn der Wildwuchs nicht auf freier Ebene stattfindet, sondern auf dem Grundstück, auf dem das Haus steht, in dem ich wohne.


Dann habe ich etwas mit der ganzen Sache zu tun. Ich sehe es als meine Verantwortung, ebenso wie ich Verantwortung für ein Haustier übernehme, mit dem Garten und allem, was sich darin befindet, umzugehen. Das Äußere ist für mich stets ein Spiegel des Inneren. Es braucht nicht perfekt zu sein,

ich kenne mittlerweile meine Grenzen und Möglichkeiten. Innerhalb derer bewege ich mich und tue, was aus mir herausfließt, so dass es schön wird, in meiner subjektiven Wahrnehmung.


Viele Jahre habe ich mich gequält, den Wildwuchs einzudämmen und es als Last auf meinen Schultern empfunden, dieses Durcheinander zu zähmen. Ich liebe Ordnung und Struktur. In eine offensichtliche Unordnung zu schauen, bereitet mir Stress, zumal wenn ich sie nicht ad hoc beseitigen kann. Chaos und Bewegung finde ich dann gut, wenn sie auf Basis einer geschaffenen Ordnung entstehen. So stelle ich mir auch das Universum vor – eine brillante Ordnung, auf deren Grundlage ständiges Chaos, Kreativität und Veränderung geschieht.


Mit Ehrgeiz bin ich dem strukturlosen Chaos begegnet, wollte Ordnung erzwingen und niederkämpfen, was mir im Weg war. Das war sehr schmerzhaft für meinen Körper. Meine Grenzen habe ich dabei nicht geachtet. Grob und unsensibel bin ich mit den Pflanzen umgegangen, genau wie mit mir. Da war auch die unbändige Wut, mit der Bewältigung allein zu sein. Das tat meiner Seele weh. Die weinte aufgrund der Einsamkeit, die hochgespült wurde. Mal wieder, denn ich kenne es seit frühester Kindheit, auf mich selbst gestellt zu sein.


Brauchen wir nicht alle Anerkennung und Unterstützung? Ist es nicht zutiefst menschlich, füreinander

da zu sein? Auch wenn jede Seele vollumfänglich für sich selbst die Verantwortung innehat und der nahestehende Mensch in keiner Weise für das eigen Glück und die täglichen Befindlichkeiten zuständig ist, ist es doch nährend, liebe- und respektvoll, sich zu stützen und dort präsent zu sein, wo es anhand des individuellen Spektrums möglich ist. Längst zu einem Einzelkämpfer geworden, steckte hinter der großen Kraft und handlungsfähigen Macht ein trauriges Opfer, dass gemäß des Resonanzprinzips Kritik anzog sowie vielfach schwache Menschen, die sich an der Macherenergie bedienten.


Wie sieht es jetzt aus? Gar nicht so schlecht sieht mein Garten aus. Nicht perfekt, nein, und nicht so schön, wie er sein könnte. Schrittweise erweitere ich den Raum meiner Möglichkeiten. Der Garten bietet sich mir an. Ich erahne sein Potential und bin bestrebt, ihm mittels meiner ordnungsschaffenden Kraft respektvoll zu begegnen. Ich lerne im Tun dazu. Jedes Jahr erweitere ich meine Kompetenzen. Es soll bunt werden in meinem Garten, es sollen Pflanzen und Büsche in vielen Farben blühen. Das Auge soll sich erfreuen, wenn es in dieses Stückchen Natur schaut. Vögel und Tiere sollen sich wohl fühlen und eine Beheimatung darin finden. Meiner Seele geht es mittlerweile gut, das ist sicherlich deutlich geworden.


Ich bin dankbar für die Vogelwelt, die sich in meinem Garten aufhält und zu der ich eine innige Beziehung habe. Meine gefiederten Freunde verlassen sich auf mich, sie wissen, dass ich sie regelmäßig und ganzjährig füttere. Es ist berührend und fast spektakulär, wenn ein ganzer Schwarm im Holunderbaum sitzt und ich diesen durch eines meiner Fenster sehe. Und plötzlich fühle ich mich beobachtet, ja, sie hypnotisieren mich regelrecht. Warum? Das Futter ist alle und es braucht dringend Nachschub. Ich eile und der ‚Schreier‘ ruft die Mannschaft zusammen. Endlich wieder ein gedeckter Tisch. Ich bediene meine kleinen Freunde gern. Es ist schön, Teil ihrer Welt zu sein. Sie bedanken sich mit häufigen Besuchen und einem lebendigen Hin und Her.


Es erdet mich ungemein, im Garten für Ordnung zu sorgen. Die Gartenarbeit ist ein Ausdruck dessen geworden, wie ich mit mir umgehe und wie ich leben und mich fühlen möchte. Das Innere drückt sich im Außen aus.


Die Anteile im Garten, die es erfordern, dass ich mich über Gebühr anstrenge, eliminiere ich Zug um Zug. Ich schaffe dort eine andere kleine Welt an Büschen und Pflanzen, die leichter zu pflegen ist und mit ihrer grazilen Ausstrahlung meinem Wesen entspricht. Die andere Variante ist, dass ich mir Hilfe hole und die Arbeit machen lasse. Dieser Jemand kann das sehr gut, es strengt ihn bei weitem nicht so an wie mich. Er kann seine Arbeit machen, und so ist jeder an dem Platz, der die jeweilige Seelenqualität widerspiegelt. Ein Netzwerk aus Menschen mit unterschiedlichen Ressourcen, die sich ergänzen.



Der Kampf lässt nach. In den Zeiten der Anstrengung wurden Aggressionen hochgespült. Es braucht einen Reiz, um Dinge aufs Tablett zu bringen, so dass wir sie anschauen können.


Die Aggressionen kamen nicht angeflogen, sondern waren bereits in mir, nur gedeckelt, gut versteckt in Leber, Galle und Darm. Es braucht Mut, diesen Geistern der Vergangenheit zu begegnen. Aggression kann in Mut, in Tatkraft und vor allem in Liebe umgewandelt werden. In Momenten, in denen ich im Strudel war und nicht wusste, wann und wie es vorbei geht, erinnerte ich mich daran, dass aus dem großen Meer an Aggression ein großes Meer an universeller Liebe wird. Es braucht Zeit, Geduld und Gewahrsein, die Prozesse zu beobachten und zu begleiten. Je mehr Aggression, desto mehr Liebe. Das hilft mir sofort, mich wieder einzuordnen, aus dem Chaos in die höhere Ordnung zu blicken und mich über die Führung zu freuen, die ich genießen darf.


Wandlung geschieht, und ich erlebe sie sanft und liebevoll.


Pflege und Ästhetik sind Ausdruck meines schöngeistigen Erstrahlens. Der Garten als Spiegel meiner Seele.



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