Hast du je über das NEUTRAL nachgedacht?
Erlebst du das NEUTRAL?
Ist es erstrebenswert, im NEUTRAL zu sein?
Das Neutral als aussagekräftigen Begriff habe ich in der Ausbildung zur Craniosakraltherapeutin kennen gelernt. Es bezeichnet einen Zustand der Stille, der Unvoreingenommenheit, der Wertfreiheit. Es ist ein Synonym für PRÄSENZ und geht damit deutlich über ein rein sachliches „keine Meinung favorisieren“, „nicht polarisieren“, hinaus. Die biodynamische Cranio bezieht sich unter anderem auf Erkenntnisse der Embryologie. Übersetzt auf die Situation der craniosakralen Behandlung bedeutet dies, dass der Therapeut die Plazenta darstellt und der empfangende Mensch den Embryo. Die Plazenta nährt, schützt und lässt
den werdenden Menschen wachsen. Sie interpretiert nicht und bewertet nicht. Sie ist präsent für den Embryo.
Präsenz ist das ultimative Geschenk, dass wir uns und auch dem Mitmenschen machen können. Mein Patient bekommt Präsenz von mir. Was bedeutet das?
Es impliziert, dass ich da bin. Nicht nur mein Körper, nicht nur meine umherschweifenden Gedanken sind da, sondern mein ausgerichtetes Selbst, meine universelle Vernunft, mein inneres Sein. All das nimmt das Gegenüber bewusst und größtenteils unbewusst wahr. Ich bin still, ich lausche, ich beobachte.
Wen und was beobachte ich, und wie beobachte ich?
Zuerst einmal lausche ich in mich hinein. Ich spüre meinen Körper, die Haut um dessen Strukturen,
die Zehen und Füße vielleicht, oder jedes andere Körperteil, so wie es mir einfällt. Ich nehme wahr,
wie sich durch diese Aufmerksamkeit meine Wirbelsäule ausrichtet, wie ein Aufatmen geschieht, wie
mein Sitz wohlig-gerader wird, die Nackenspannung sich löst. Ich nehme es lediglich wahr. Es erfolgt
keine Interpretation, keine Lösungssuche, ich verliere mich nicht in Emotionen, weil sich das eventuell schön, schwierig, krank, gesund oder wie auch immer anfühlt.
Zu Beginn der therapeutischen Cranioarbeit wird dies noch vom Therapeuten eingeübt, doch bald schon verselbständigt es sich und wird zu einer inneren Haltung. Etwas in mir fängt an, sich still zu verhalten
und das Neutral zu finden. Es findet statt, dass ich mich beobachte. Kein willentlicher Vorgang mehr, sondern „es“ nimmt wahr, „es“ beobachtet, und das körperliche und psycho-emotionale System reagiert.
Jetzt ist ein wichtiger Moment erreicht. Mache ich weiter mit meinem Gewahrsein und dem Spüren, oder gehe ich raus aus der Selbstbeobachtung, zurück in die mehr weltlichen, aktiven Belange, richte ich meinen Blick wieder nach außen, denke ich bewusst über dieses und jenes nach…? Etwas scheint mich dorthin zu ziehen, weg aus der Stille…
Tatsächlich, es ist ein Phänomen, dass wir uns scheuen, ja sogar häufig Angst davor haben, uns gut
zu fühlen und im Zustand der Anhaftungslosigkeit zu verweilen. „Gut fühlen“ ist nicht oberflächlich
zu verstehen, es ist nichts, was wir schnell durch eine Tasse Tee, eine gutes Gespräch, einen erholsamen Schlaf und anderes erreichen können, sondern dieses „gut“ ist bereits ein tieferer Vorgang, eine Ver-bindung von Körper, Seele, Geist und eine Ahnung spiritueller Anbindung. Es ist ein Empfinden von Stille, von Nichts-tun, von Anhaftungslosigkeit, ja sogar von grundlosem Glück.
Die Stille bringt ein Gefühl von Leere mit sich. Das ist ungewohnt und verunsichert schnell.
Wir sind es schließlich gewohnt, ständig etwas
zu tun, an den nächsten Schritt zu denken, zu planen, zu funktionieren, uns abzulenken.
Leere passt irgendwie nicht dazu, oder? Nun, wenn es aber durch deine Selbstbeobachtungen still wird, dein innerer Raum sich über deine äußeren Grenzen auszudehnen beginnt, du eine
Idee von etwas Größerem bekommst, dann wirst du dich mit der Leere auseinandersetzen. Das geht nicht anders.
Stille, Leere – es geschieht nichts, es ist nichts da, auf das du dich fokussieren könntest und eventuell fühlst du Langeweile. Kennst du das? Oder bist du mit diesem Zustand bestens vertraut? Wenn es dir fremd ist, übe es doch einfach ein bisschen, lass die Erfahrung zu. Es ist deine Entscheidung. Du wirst den Zustand bald zu schätzen wissen, denn er löst Stress auf, da du in diesen Momenten nicht mehr in Resonanz mit deinen Sorgen und Aufgaben bist. Das ist dein NEUTRAL.
In der Cranio bedeutet das, dass ich mich bis jetzt fast ausschließlich mit mir beschäftigt habe. Auch ein ungewohnter Ansatz, stimmts? Du wist vielleicht verwundert sein, wenn ich jetzt behaupte, dass gerade diese Haltung Heilung für den Menschen vor mir auf der Liege ermöglicht. Es entfaltet sich ein Raum,
der größer ist und mehr zulässt, als wir es in der Regel in unserer funktionalen, willentlich gesteuerten
Welt zulassen können.
Dieser Raum entsteht, da unsere innewohnende Gesundheit und unsere natürliche Anbindung an das Höhere sich durch Präsenz, Stille, Beobachtung, aktiviert. An der Cranioliege werden zwei Nerven-systeme zu einem, und wir erkennen uns selbst durch den anderen. Dazu braucht es keine weitere Methodik. Es ist ein natürliches Geschehen. Deine Seele schwebt in ihrem ureigenen Raum, zeitlos, eigentlich auch raumlos, aber das würde jetzt zu weit führen. Der Körper beginnt, sich zu reorganisieren.
Ich begleite dich, indem ich mit unterschiedlichen Handpositionen unterstütze und meine Haltung hilft, den Raum zu erweitern oder auch zu begrenzen (dies vor allem bei traumatischen Themen). Ich beobachte deine Strukturen, wie sie sich bewegen und verhalten: Flüssigkeiten, Gefäße, Nerven, Faszien, Knochen, Energieverläufe, auch Emotionen, und dies wertfrei. Bewegung und Energie kommt und geht. Eine Momentaufnahme und doch aussagekräftig. Das gemeinsame tiefe Aus- und Aufatmen nennen wir Ignition – Zündung. Ignition ist eine Art Reset des Systems, ein auf Null fahren, um dann frischer und gestärkter weiter zu machen. Das NEUTRAL.
Wie kann ich nun die bisherigen auf die Cranio bezogenen Aussagen auf mein alltägliches, nicht therapeutisches Leben übertragen?
Stille, Präsenz, eine neutrale Haltung bewirken Heilung, Geborgenheit, sich liebevoll gesehen fühlen, sich ausdehnen oder zusammenziehen können, angenommen sein, nichts erklären müssen, nichts tun müssen. Erholung, Pause, Auszeit. Ein schwebender Zustand fern des Alltags, und weil sich dein Organismus erholt und sich Restriktionen freiwinden, wird auch deine Erdung gefördert, so dass du dein Dasein mit allen An-forderungen leichter bewältigen kannst, und dabei bestenfalls das NEUTRAL erlebst.
Deine Kinder, dein Partner, deine Arbeits-kollegen, jeder, dem du begegnest, hat doch die gleichen Bedürfnisse – wir wollen doch alle an-genommen sein, geliebt werden, stressfrei da sein dürfen.
Jeder Mensch sehnt sich nach dem NEUTRALEN, auch wenn er es nicht bewusst weiß oder ausdrücken kann. Über unser soziales Nervensystem spiegeln wir uns. Bist du im NEUTRAL, wird es der andere auch sein. Bist du still, kann es der andere auch werden.
Was auch passieren kann: Du bist im Neutral und dein Gegenüber rastet aus, wird aggressiv, unruhig. Das ist eine Stresslösung. Sie geschieht, weil die Schwingung deines Neutrals das aufgeladene System deines Gegenübers antriggert. Auch das ist Zündung. Er kann seine unterdrückte Wut, seine Aggression nicht mehr zurückhalten und entlädt sie. Auch das kann eine heilsame Reaktion sein. Etwas Überschüssiges geht, wenn DU im Neutral bleibst und nicht selbst ins Ego gehst. Ein weitreichendes Übungsfeld, das dich näher zu dir und tiefer in deine Erlösung bringt!
Wir dürfen erkennen, loslassen, realisieren, still sein
Ein Kind, das von seinen Eltern Präsenz geschenkt bekommt, wird königlich ausgestattet. Es braucht
keine teuren Spielsachen, kein übersteigertes Unterhaltungsprogramm. Pure Präsenz, dein Dasein, beobachtend, wertfrei, unvoreingenommen. Nicht nur körperliche, sondern auch psycho-emotionale Anwesenheit. Das reguliert das Nervensystem des Kindes, und es wird sich beim Aufwachsen und wenn es auf sich selbst gestellt ist, selbst regulieren können. Dieses Kind wird ein starkes, flexibles Nervensystem ausbilden und vorbereitet sein, den Wirrungen und Windungen des Lebens zu begegnen. So einfach ist das. Leider hat uns das nie jemand gesagt oder vorgelebt, jedenfalls mir nicht. Als ich Mutter wurde, war ich dazu noch nicht in der Lage, und klar, dass ich es als Kind auch nicht erfahren habe. Daran ist nichts
zu ändern, es war eben auch noch nicht der Zeitgeist. Heute ist es schon anders. Wir haben diese Infor-mationen, wir haben diese Möglichkeiten.
Wenn du im Neutral bist, wird das Leben leichter. Du entzündest dich nicht mehr an unguten Situationen, du kannst Ungerechtigkeit und Argwohn handhaben, du bewertest dich und den anderen nicht mehr. Du willst nicht mehr so viel vom Leben. Ich meine damit deine willentlichen Vorstellungen, die der Verstand permanent belebt und die dich durch dein Leben jagen. Ein ungewöhnlicher Gedanke, nicht mehr so viel zu wollen?! Erfahre selbst, wie sich in der Leere, im erweiterten Raum, Dinge von selbst erledigen, das Leben sich entfaltet und du mehr erlebst und bewerkstelligst, obwohl du „nichts“ tust. Löse diesen schein-baren Widerspruch in dir auf! Dein Mangeldenken wird sich peu à peu verabschieden und du realisierst, dich zutiefst anzunehmen, den anderen zutiefst anzunehmen und gibst wahrem inneren Frieden einen Raum, sich zu entfalten. Du bist einverstanden mit allem, was geschieht und nicht geschieht, welch eine Erleichterung!
Du schenkst deinem System das, was dir im günstigsten Fall von deinen Eltern geschenkt worden wäre: Präsenz.
Daran gesundest du. Das kannst und wirst du nicht immer allein in Gang setzen können. Dazu braucht es die Begleitung durch andere Menschen, die dich spiegeln, die helfen, deine Welt dort geradezurücken, wo Missverständnisse, störende Emotionen und Krankheit sind. Du nimmst und du gibst, denn alles, was du erlöst und verwirklicht hast, kannst du jemand anderem schenken und zur Verfügung stellen, so dass er sich erholt und gesundet.
Wir herrlich es ist, sich unter diesen Umständen heilige Geschenke gegenseitiger wertfreier, klarer, liebevoller, stiller Begleitung zu gewähren!
Freude, Leichtigkeit, Gelassenheit, Ausgeglichenheit, Verständnis, Vertrauen…du wirst es nicht nur erleben, sondern es SEIN.
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